WOHNBAU IN DER STADT SALZBURG: ES BRAUCHT EINE KURSKORREKTUR
Fünf Jahre ÖVP-Zuständigkeit haben in die Sackgasse geführt: Die Miete ist kaum noch leistbar, Eigentum absolut unerschwinglich. Es braucht deshalb konkrete Schritte in Richtung leistbares Wohnen. Eine Kurskorrektur muss her – und zwar so schnell wie möglich.
Wer nicht die Augen vor der Realität verschließt, muss anerkennen, dass in Salzburg ein Wohnungsnotstand herrscht. Die Stadtpolitik hat die Verantwortung, alle in Hebel in Bewegung setzen, um die steigenden Wohnkosten in den Griff zu bekommen und Wohnen – das Grundbedürfnis jedes Menschen – wieder leistbar zu machen.
- Stagnation im ÖVP-geführten Planungsressort
Seit der Übernahme des Planungsressorts durch die ÖVP ist in Sachen Stadtentwicklung und Wohnbau – ebenso wie im Verkehr – nichts weitergegangen. Außer Ankündigungen ist nicht viel passiert. In Sachen leistbarer Wohnbau ruht sich Unterkofler (ÖVP) auf den noch von ihrem Vorgänger Johann Padutsch auf den Weg gebrachten Bauvorhaben aus. Die Bauvorhaben am Dossenweg und in der Fürbergstraße sowie die Nachverdichtungsprojekte in der Friedrich-Inhauserstraße, sowie der Lanserhof-Siedlung (um nur einige Beispiele zu nennen) tragen die Handschrift von Johann Padutsch und der Bürgerliste. „Die Bürgerliste hat sich seit jeher für den leistbaren Wohnraum in dieser Stadt eingesetzt. Der derzeitige Stillstand zeigt, dass die ÖVP nicht Willens und in der Lage ist, im Wohnbau wirklich etwas weiter zu bringen“, stellt Anna Schiester, Stadträtin und Chefin der Bürgerliste fest.
- Stiegl-Gründe: Spekulation konkret unter Ressortführung der ÖVP
„Wohnen ist keine Ware und funktioniert nicht nach einer neoliberalen Marktlogik“, ist Schiester überzeugt. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den Grundstücksdeal rund um die Stiegl-Gründe: „Das, was dort passiert, ist Spekulation konkret. Wir als Bürgerliste haben immer davor gewarnt, die Stiegl-Gründe zum Verkauf freizugeben, ohne dass die Stadt konkrete Vorgaben zum leistbaren Wohnbau macht und städtebaulich vorgibt, was auf dem Areal entwickelt werden soll“, stellt Schiester klar. Eine der letzten Baulandreserven in der Stadt ist damit wohl für Jahrzehnte, wenn nicht für immer für den leistbaren Wohnraum verloren.
- Räumliches Entwicklungskonzept: Intransparenz und Stillstand a la ÖVP
Unter dem Motto „am Abend werden die Faulen fleißig“ legte Barbara Unterkofler von der ÖVP – nach immer lauter werdender Kritik – kürzlich einen ersten inhaltlichen Amtsbericht zum Räumlichen Entwicklungskonzept (REK), der wichtigsten Grundlage für Stadtentwicklung, vor. Der Amtsbericht umfasst den Baulandbedarf und die Strategie zur Deckung des Bedarfs an Wohnungen und Gewerbeflächen. Allerdings, so die Kritik der Bürgerliste, enthält der Unterkofler-Amtsbericht nur ein Zahlenwerk, bzw. eine Methode zur Entwicklung des Baulandbedarfes. Über konkrete Flächen, wie diese mobilisiert werden können und wieviel davon für den geförderten Mietwohnbau verwendet werden sollen, wurde erst gar nicht diskutiert.
Der intransparente Prozess bei der Erstellung dieses Amtsberichtes ist auf große Kritik gestoßen. „Immerhin geht es beim REK um die Entwicklung der Stadt für die nächste Jahrzehnte. Die Einbindung der Fraktionen in die Erarbeitung müsste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein“, erklärt Ingeborg Haller, KO der Bürgerliste, die Weigerung ihrer Fraktion, dem Amtsbericht zuzustimmen.
Zurück zum Start: Das forderte die Bürgerliste daher in der letzten Sitzung des Planungsausschusses. Dieser Antrag wurde von der SPÖ unterstützt. Konkret forderten sie, den Prozess zur Erarbeitung des REK unter Einbindung der Fraktionen sowie Berücksichtigung des Landesentwicklungsprogramms (LEP) neu zu starten. „Schwarz-Blau hat in neuer, trauter Koalitionsmanier den Amtsbericht zum REK im Planungsausschuss durchgewunken. Allerdings bin ich gespannt, ob Vizebürgermeisterin Unterkofler von der ÖVP im Gemeinderat eine Mehrheit für ihren Amtsbericht findet“, fragt sich Haller, die in jedem Fall die anderen Fraktionen im Gemeinderat überzeugen möchte, dass der schwarze Stillstand mit Unterstützung der Blauen nicht fortgesetzt werden darf.
Obwohl das Salzburger Landesentwicklungsprogramm (LEP) – wohlgemerkt vorgelegt von einem ÖVP-Landesrat – konkrete Vorgaben für die Stadt macht, werden diese im vorgelegten Amtsbericht als „nicht verbindliche Grundlagen“ dargestellt oder sogar zu Gänze ignoriert. Wenn der Prozess so fortgesetzt wird, sind Konflikte mit der Aufsichtsbehörde Land, der das Räumliche Entwicklungskonzept vorzulegen ist, programmiert, warnt Haller.
- LEP: Vorgaben zur Schaffung von leistbarem Wohnraum berücksichtigen – Bodenversiegelung stoppen
Anstatt die konkreten Vorgaben im Salzburger Landesentwicklungsprogramm (LEP) zur Schaffung von leistbarem Wohnraum zur berücksichtigen, wie sie unter Punkt 4.4. Siedlungsentwicklung extra für die Stadt Salzburg angeführt sind, wird im Amtsbericht zur Strategie der Bedarfsdeckung der sogenannte Typ 2, „Mögliches neues Bauland“ favorisiert.
„Es ist immer einfacher, den Baulandbedarf durch das Bauen auf der grünen Wiese decken zu wollen, aber zeitgemäß und flächensparend ist das nicht. Vielmehr ruft eine solche Politik die Investoren und Spekulanten erneut auf den Plan“, stellt Ingeborg Haller fest, die sich vom Ressort mehr Innovation und Ideen zur sogenannten Innenentwicklung sowie zur möglichen Umwidmung von „Gewerbeflächen“ in „Wohnen“ erwartet hätte. Sie fordert daher, dass das REK – wie im LEP vorgeschlagen – auch die erneute Anwendung der Vertragsraumordnung inklusive dem Instrument der Einzelbewilligung vorsieht. „Schauen wir uns etwa das Potenzial am Beispiel Schallmoos an: Wir haben hier einen zentrumsnahen Stadtteil, in dem überwiegend untergenutzte brachliegende Gewerbeflächen angesiedelt sind. Durch sogenannte ,vertikale Mischnutzung‘ könnte man hier ein erhebliches Wohnpotenzial eröffnen, indem die Sockelzonen erhalten bleiben und darüber – ausgewiesen als Betriebsgebiet – leistbare Wohnungen entstehen“, ist Haller überzeugt.
- Starkes Bekenntnis zum sozialen Wohnbau: Rückkehr zum Mietkaufmodell
Während das LEP von einem Wohnungsbedarf in der Stadt von über 10.500 Wohnungen ausgeht, steckt sich die Stadt in dem nun vorgelegten Amtsbericht das wenig ambitionierte Ziel von 7.500 Wohnungen bis 2044. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Wohnbauziele unter den Vorgaben des LEP bleiben“, so Schiester, die einmal mehr einen offenen Diskussionsprozess über die Zielvorgaben des REK einfordert. „Stadtentwicklung bestimmt wie wohl kaum ein anderes Politikfeld das Leben der zukünftigen Generationen in unserer Stadt mit. Wir müssen ein Angebot für junge Menschen schaffen und ihnen eine Perspektive für leistbaren Wohnraum bieten“, ist Schiester überzeugt. Das geht nur, wenn ausreichend Wohnungen geschaffen werden. Sie fordert einmal mehr ein klares Bekenntnis zur Errichtung von mehr geförderten Mietwohnungen und eine Rückkehr zum Mietkaufmodell ein, das von der ÖVP aus rein ideologischen Gründen abgeschafft wurde. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass das Modell der ÖVP, nämlich die Errichtung von preisgedeckelten Eigentumswohnungen zu forcieren, völlig an der Realität vorbeigeht“, stellt die Chefin der Bürgerliste klar.
- Zusammenfassung
Das wohnungspolitische Ziel der Bürgerliste für Salzburg ist eine Wohnkostengarantie, das heißt: Ein Drittel des Einkommens für das Wohnen muss reichen. Dies erreicht man einerseits durch den Neubau von preisgünstigen Wohnungen, durch die Mobilisierung von bestehendem, leerstehendem Wohnraum, aber auch durch eine strenge Politik, die konsequent gegen Spekulation und übermäßige Erhöhungen vorgeht.
Es braucht daher folgende Instrumente und Maßnahmen:
- Aktive Bodenpolitik:
Das ist weit mehr als der reine Kauf von Grund und Boden durch die Stadt, wie von der SPÖ forciert. Aktive Bodenpolitik heißt auch: Vertragsraumordnung konsequent nutzen, gänzlicher Verzicht auf den Verkauf von städtischem Grund und Boden. Vergabe von noch vorhandenen städtischen Flächen nur im Baurecht oder an Genossenschaften (zB Inhauser Siedlung)
- Innenentwicklung stärken:
Das Landesentwicklungsprogramm als neuen Hebel zur Schaffung von leistbarem Wohnraum nutzen. Hier heißt es: Die Stadt Salzburg kann zur Schaffung von leistbarem Wohnraum innerhalb von Betriebsgebieten vom Instrument der Einzelbewilligung vermehrt Gebrauch machen. Zur Sicherung der betrieblichen Nutzung und auch der Leistbarkeit der Wohnungen (Miete und Kauf) empfiehlt sich der Abschluss privatrechtlicher Vereinbarungen.
- Nein zum Griff ins Grünland:
Wir sind dagegen, Flächen aus der Deklaration als Tauschflächen (REK) zu verwenden. Man muss zuerst alle anderen Möglichkeiten ausschöpfen, etwa die bereits genannten, genutzten Flächen in Schallmoos. Wo Bauland verfügbar ist, muss dies gleich auf den Tisch, und die Politik muss – dort wo die entsprechenden Instrumente vorhanden sind – stärker regulierend in den Markt eingreifen. Es wird auch Einzelbewilligungen brauchen, um Bauland zu mobilisieren.
- Mehr Stadt auf weniger Fläche:
Es ist in der Stadt noch erhebliches Nachverdichtungspotenzial vorhanden. Durch ein maßvolles Weiterbauen im Bestand, kann die Stadt zusätzliche, qualitativ hochwertige und leistbare Wohnungen schaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Goethesiedlung: Hier könnten z.B. 200 bis 300 leistbare Wohnungen geschaffen werden, auf einer Fläche, die jetzt rein als Schlafstätte für Autos dient. Von solchen Veränderungen muss die gesamte Goethesiedlung profitieren, indem neben Wohnungen auch qualitativ hochwertige Frei- und Grünräume entstehen. Die Pläne zur qualitätsvollen Entwicklung liegen längst vor und sollten endlich der Bevölkerung präsentiert werden. Dabei muss die Devise lauten: Mit den Menschen reden, und nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden. Stadtplanung braucht Ehrlichkeit und offenen Dialog.
- Transparenter Umgang mit Bauland-Reserven (REK):
Die Stadt hätte die letzte Bauland-Reserve der Stadt, die Stiegl-Gründe in Maxglan, nicht vergeben dürfen, ohne zu wissen, was genau dort hinkommt. Das darf sich nicht wiederholen.
- Mehr geförderte Mietwohnungen und Mietkauf wieder ermöglichen:
Mietkauf soll wieder möglich werden. In der Stadt Salzburg werden seit 2019 die ÖVP das Planungsressort übernommen hat de facto kaum mehr Mietkaufwohnungen gebaut. Stattdessen forciert die ÖVP preisgedeckeltes Eigentum. Die Bürgerliste fordert eine Rückkehr zu früheren „Weisung“ (Mind. 75% geförderte Miete und Mietkauf bei Umwidmungen und Dichteerhöhungen) und eine Wiedereinführung von „Mietkauf“ in Form eines Ansparmodells, wie auch von Bundes- und Landesseite sowie von gemeinnützigen Genossenschaften forciert.
- Wohnbauförderung zukunftsfit machen:
Den gemeinnützigen Bauträgern in Salzburg setzen die hohen Grund- und Baukosten, der Mangel an Flächen und die steigenden Zinsen zu. Sind die Grundstücke zu teuer, kann auf ihnen kein geförderter Wohnbau errichtet werden. Gleichzeitig ist der Bedarf an leistbarem Wohnraum groß. Die tatsächlichen Grundstückspreise in der Stadt machen ein Vielfaches von dem aus, was die Obergrenzen, die im geförderten Wohnbau von der Wohnbauförderung vorgegeben sind, erlauben. Für Gemeinnützige Wohnbauträger ist in der Stadt daher kein Bauland mehr leistbar und ihnen bleiben so de facto nur Umwidmungen von Gewerbeflächen.
Das Land muss in Zukunft wieder Darlehen mit einer Verzinsung von rund 0,5 Prozent zur Verfügung stellen – und zwar rasch. Die GBV haben kürzlich richtigerweise klargestellt, dass das aktuelle System der Wohnbauförderung und das damit verbundene Punktesystem für eine Hochzinsphase nicht geeignet seien. Darüber hinaus müssen die Wohnbauförderungsmittel und deren Rückflüsse wieder zweckgebunden werden. Um nachhaltig leistbare Mieten zu garantieren, sollen gemeinnützig bzw. mit geförderten Mittel gebaute Wohnungen auf Lebensdauer der Spekulationslogik entzogen werden.
- Leerstand erheben und Abgabe erhöhen:
Salzburg hat bislang keine belastbaren Zahlen bzgl. Leerstand. Man müsste wie in Innsbruck den Leerstand konsequent und umfassend erheben. Es braucht eine Leerstanddatenbank. In Folge muss eine empfindliche Leerstandsabgabe ermöglicht werden. Denn die eingeführte Leerstands- und Zweitwohnsitzabgabe können nur ein erster, notwendiger Schritt gewesen sein. Allerdings sind die zu leistenden Abgaben zu niedrig, um einen tatsächlichen Lenkungseffekt (und damit Mobilisierung von Wohnraum) zu erreichen und darüber hinaus gibt es immer noch zu viele Ausnahmen. Wer sich eine 220 qm große Neubau-Wohnung in der Stadt leisten kann, zahlt die 2.500 Euro Abgabe aus der Portokasse. Damit wird können wir Leerstand und Spekulation mit Wohnraum nicht effektiv und nachhaltig in den Griff bekommen. D.h.: Das Volkswohnungswesen soll in den entsprechenden Teilen in die Kompetenz der Länder übertragen werden, damit spekulativer Leerstand durch die Landesregierung besteuert werden kann.