Erste Straßen-Umbenennung vor der Umsetzung
Die Heinrich-Damisch-Straße wird zur Helene-Thimig-Straße
SPÖ, Bürgerliste und KPÖ PLUS bekannten sich in ihrem Arbeitsübereinkommen zu einem Pilotprojekt bei dem es um die Umbenennung von Straßen, die nach nationalsozialistisch belasteten Menschen benannt sind, geht. Den Vorzug bei den Neubenennungen erhalten Frauen. Denn nur vier Prozent der Salzburger Straßen tragen den Namen einer Frau.
Anrainer:innen werden bestmöglich von der Stadt unterstützt
An der Damisch-Straße liegen acht Adressen mit 34 Haupt- und Nebenwohnsitzmeldungen und vier aufrechten Gewerben. Die Anrainer:innen wurden von Bürgermeister Auinger zu einem gemeinsamen Termin eingeladen, um sie von Seiten der Stadt bestmöglich unterstützen zu können. Es wird eine Checkliste mit den wichtigsten Schritten und eine Auflistung von möglichen Einrichtungen, denen die neue Adresse bekannt gegeben werden muss zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus werden Kosten, die den Anwohner:innen im Zusammenhang mit der Umbenennung entstehen, von der Stadt übernommen.
Statements von SPÖ, KPÖ PLUS und Bürgerliste
SPÖ-Gemeinderat Sebastian Lankes spricht von einem Meilenstein: „Mit der Umbenennung der Heinrich-Damisch-Straße in Helene-Thimig-Straße setzt die Stadtpolitik in Sachen Erinnerungskultur einen wichtigen Meilenstein. Ich freue mich, dass diese Auszeichnung mit Helene Thimig einer Frau zuteilwird, die eine wichtige Rolle in der österreichischen Kulturszene des letzten Jahrhunderts hatte und nach ihrer Rückkehr nach Österreich lange um ihr Erbe kämpfen musste.“
Nikolaus Kohlberger von der KPÖ PLUS dazu: „Für die KPÖ PLUS ist es seit langer Zeit ein politisches Anliegen, die Umbenennung von belasteten Straßennamen voranzutreiben, die zum Beispiel bekennende Nationalsozialisten und Antisemiten ehren. Die Würdigung von Helene Thimig im Straßenbild ist erinnerungspolitisch ein wichtiger erster Schritt in die Richtung einer weiteren Aufarbeitung unserer Stadtgeschichte.“
Bürgerlisten-Gemeinderat Markus Grüner-Musil führt aus: „Die Heinrich-Damisch-Straße wird endlich umbenannt! Diese Umbenennung war längst überfällig. Die Bürgerliste hat sich in den letzten Jahrzehnten konsequent für eine kritische Aufarbeitung der NS-Geschichte in unserer Stadt engagiert – nun endlich findet sich im Gemeinderat die nötige Mehrheit. Die Umbenennung in Helene-Thimig-Straße ist auch als klares Bekenntnis gegen Antisemitismus und Fremdfeindlichkeit in der Gegenwart zu verstehen. Diese erste Umbenennung ist wissenschaftlich fundiert. Bei 13 Straßen, darunter die Damisch-Straße, sehen die Expert:innen dringenden Handlungsbedarf. Der umfangreiche Historiker:innen-Bericht kann auf der Homepage der Stadt Salzburg nachgelesen werden – eine Lektüre, die ich sehr empfehle! Städte wie Linz haben gezeigt, dass Straßen-Umbenennungen administrativ gut umsetzbar sind. Ich bin überzeugt, dass uns das auch in Salzburg gut gelingen wird, und dass die Anrainer:innen in den betroffenen Straßen nicht alleingelassen, sondern organisatorisch und finanziell bestmöglich unterstützt werden.“
Kurzzusammenfassung der Biographie Helene Thimigs (1889-1974):
Helene Thimig wurde 1889 in Wien geboren, stammte aus einer bekannten Wiener Theaterdynastie und schlug selbst eine Schauspielkarriere ein. 1907 debütierte sie im Stadttheater Baden bei Wien. Zehn Jahre später, ab 1917, war Thimig bei Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin engagiert. Thimig und Reinhardt gingen eine Beziehung ein und heirateten Mitte der 1930er Jahre. Thimig war in den folgenden Jahren zentral in den Aufführungen der Salzburger Festspiele. Im Jahr 1937 verließen Thimig und Reinhardt nach den Festspielen Österreich, um für ein Projekt in die USA zu reisen. Nach dem Anschluss war es für Reinhardt, der jüdischer Herkunft war, nicht mehr möglich, nach Österreich zurückzukehren. Thimig wäre dies sehr wohl möglich gewesen, sie blieb aber bei ihrem Mann in den USA, wodurch sie ihren gesamten Besitz in Österreich verlor. Thimig blieb auch nach dem Tod Max Reinhardts im Jahr 1943 in ihrem Exil in den USA. Erst im Jahr 1946, nach dem Sturz des NS-Regimes, kehrte sie nach Österreich zurück. Wo sie zwar willkommen geheißen wurde, allerdings lange um die Rückgabe ihres Besitzes und das Erbe ihres Mannes kämpfen musste.
In den folgenden Jahrzehnten übernahm Thimig wichtige Rollen bei den Salzburger Festspielen und leitete von 1948 bis 1954 das von ihrem verstorbenen Mann gegründete „Max Reinhardt Seminar“. Sie verstarb 1974 in Wien.
Kurzzusammenfassung der Biographie Heinrich Damischs (1872-1961):
Heinrich Damisch wurde im Dezember 1872 in Wien geboren. 1907 schloss er die Studien „Klavier, Musiktheorie und Komposition ab“ und arbeitete in der Folge als Musikkritiker. In dieser Funktion veröffentlichte er antisemitische Artikel (unter anderem gegen Gustav Mahler). Den Höhepunkt seines antisemitischen Schreibens erreichte er 1938 u.a mit dem Artikel „Die Verjudung des österreichischen Musiklebens“. Gemeinsam mit Friedrich Gehmacher gründete er 1917 die „Salzburger Festspielhaus-Gemeinde“ in Wien. Damisch gilt als einer der Gründerväter der Salzburger Festspiele. Während der NS-Zeit – er wurde bereits im Jahr 1932 Mitglied der NSDAP – verunglimpfte Damisch die Rolle von Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal bei der Realisierung der Festspiele. Zu seinem 70. Geburtstag erhielt Damisch von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels nicht nur Glückwünsche, sondern zusätzlich auf dessen Anordnung eine „Geburtstagsspende“ in der Höhe von 10.000,- RM. Nach Kriegsende wurde Damisch als „minderbelastet“ eingestuft und erhielt zahlreiche Ehrungen. Er starb 1961 in Salzburg.