Frischer Wind in der Altstadt
Leerstand in Städten – was dagegen tun?
Wo sich früher gusseiserne Schilder aneinanderreihten, sind heute die Logos internationaler Marken zu sehen. Aber auch diese werden zusehends weniger: Sowohl die Getreidegasse, als auch andere Teile der Altstadt – wie etwa das Kaiviertel – kämpfen vermehrt mit Geschäftsschließungen. Immer mehr Geschäfte in der Innenstadt müssen schließen, ohne dass sich neue Mieter für die Geschäftslokale finden. Stattdessen gibt es Leerstände – oder alternativ Souvenirshops –, die für Einheimische unattraktiv sind.
Abgeklebte, teils verunreinigte Schaufensterscheiben mit dem Aufkleber „zu vermieten“: Wer durch Innenstädte schlendert, bekommt dieses trostlose Bild häufig zu sehen. Leerstand birgt gerade in den Städten die Gefahr, das Stadtbild dauerhaft zu verändern. Muss ein Geschäft schließen, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die Umgebung. Wo Leerstand einmal auftritt, kommt schnell ein weiterer dazu, weil der Ort, die Straße für die Besucher:innen unattraktiver wird.
Online-Shopping, Teuerung und hohe Mieten verschärfen das Problem
Die Hauptursache für vermehrten Leerstand liegt in einem sich ändernden Kaufverhalten. Nicht erst seit der Corona-Pandemie kaufen die Menschen weniger im stationären Einzelhandel ein. Die Teuerung verschärft das Problem zusätzlich. Laut einer aktuellen Marktanalyse des Immobiliendienstleisters CBRE stehen in der Stadt Salzburg 167 Geschäfte in A-Lage leer. Die Teuerung verschärft das Problem zusätzlich. Ein anderer Grund: Die hohen Mieten. Gewerbliche Mieter:innen zahlen laut der CBRE-Marktanalyse zwischen 100 und 150 Euro pro Quadratmeter pro Monat. „Für kleine Händler:innen sind diese Summen nicht zu stemmen. Viele sind gezwungen, aufzugeben“, sagt BL-Spitzen- und Bürgermeisterkandidatin Anna Schiester im Rahmen der Pressekonferenz. Viele Salzburger:innen würden die Altstadt inzwischen meiden, weiß sie zu berichten. Vor allem für junge Menschen ist das Stadtzentrum wenig attraktiv: „Zwischen Souvenirläden und Luxusgeschäften findet sich kaum mehr ein Angebot, das sie in die Innenstadt zieht. Daran können auch Feste, so begrüßenswert sie sind, auf Dauer nichts ändern.“
„Die Entwicklung in der Innenstadt zeigt was passiert, wenn man sie ausschließlich dem Markt überlässt und nicht steuernd eingreift: Horrende Mieten, Geschäftssterben, Leerstand – und in Folge eine sinkende Attraktivität für die Einheimischen. Ich will, dass sich die Salzburger:innen in ihrem Stadtzentrum wohlfühlen und gerne ‚reinkommen‘, weil sie sich mit der Altstadt identifizieren und sich hier willkommen fühlen. Da müssen wir wieder hinkommen“, so Schiester. Es sei an der Zeit, dass man sich aktiv um die Leerstände kümmert, Zwischennutzungen und Pop-up-Stores für Kulturschaffende und junge Salzburger Unternehmer:innen ermöglicht uvw. Und es ist Zeit, dass auch die Vermieter:innen umdenken: Die fetten Jahre auf dem Immobilienmarkt sind vorbei.
Attraktivierung der Innenstadt und ihrer Gassen und Plätze
Es gilt Auswege zu finden, um die Abwärtsspirale, die durch Geschäftsschließungen oft entstehen, zu beenden. Fokus der Bemühungen sollen in erster Linie die Belebung und Attraktivierung der Innenstädte sein. Dazu gehört auch, dass die Innenstadt als Wohnort wieder attraktiv und leistbar wird. Neben dem Handel sollen auch Kunst, Kultur und Freizeitangebote in den Vordergrund rücken. Außerdem ist es wichtig, die Salzburger:innen nach ihren Bedürfnissen zu fragen und ihre Ideen zu berücksichtigen.
Mehr Leben für das Kaiviertel
Erst vor kurzem wurde bei Kaiviertel ausgelassen gefeiert – und das ist gut so. Aber nicht jede:r fühlt sich in der beliebten Gasse, die ins Herzen der Stadt führt, feierlich gestimmt: Neun Geschäftslokale stehen aktuell leer, darunter ein ehemaliger Supermarkt, Modeboutiquen, eine Bank… Einer der Hauptgründe: Die Mieten sind für viele einfach unbezahlbar.
„Das Kaiviertel hat unheimlich viel Potenzial, mit sehr engagierten Unternehmer:innen. Dieser Stadtteil verdient es, wieder aufzublühen“, so Schiester. Ein Weg dorthin: Die Gestaltung. „Weniger Autos, mehr Grün, mehr Raum zum Bummeln und Verweilen – das würde dem Kaiviertel guttun“, ist Schiester überzeugt. Sie schlägt vor, nach der geplanten Umgestaltung des Waag- und Mozartplatzes in den Jahren 2024-2026 als nächstes großes Projekt in der Altstadt – neben der Begegnungszone rund ums Neutor – das Kaiviertel in Angriff zu nehmen. „Das wäre der nächste logische Lückenschluss zwischen dem zukünftig neugestalteten Mozart- und dem bereits gebauten Kajetanerplatz“, so Schiester.
Leerstand erheben und digitale Datenbank schaffen
Erster Schritt zur Bekämpfung von Leerstand ist, das Phänomen ernst zu nehmen und als solches zu erkennen und zu benennen. Es macht keinen Sinn so zu tun, als sei in der Altstadt alles in Ordnung. „Niemand redet die Altstadt schlecht, wenn man sich über den zunehmenden Leerstand und den fehlende Branchenmix Gedanken macht“, stellt Ingeborg Haller, Klubobfrau der Bürgerliste klar. Sie wünscht sich eine offene und wertschätzende Diskussion über die Entwicklung der Altstadt. „Auch in der Salzburger Altstadt gibt es Leerstand. So zu tun, als gäbe dieses Phänomen bei uns nicht, macht keinen Sinn“, so Haller weiter, die es vielmehr als wichtig erachtet, zeitgerecht darüber zu reden und Maßnahmen zu setzen: Ein erster Schritt zur Bekämpfung von Leerstand ist die digitale Erfassung von leerstehenden Geschäftslokalen, wie dies bereits in deutschen Städten gemacht wird. Der Altstadtverband kann dabei eine zentrale Rolle spielen. Es ist seine Aufgabe, beispielsweise gemeinsam mit dem Wirtschaftsservice der Stadt, ein passendes Tool zu entwickeln. Eine Datenbank in der Obhut der Stadt oder des Altstadtverbandes könnte ein digitales Werkzeug sein, um die zu vermietende Fläche und die interessierten Mieter:innen zusammen zu bringen.
Kulturelle Zwischennutzungen forcieren- Kooperation mit Initiative SUPER
Darüber hinaus sollte der Altstadtverband die Kooperation mit der Initiative SUPER suchen, um zumindest temporäre Kulturnutzungen in der linken Altstadt zu ermöglichen. Denn gerade das Beispiel Posthof und die benachbarten ehemaligen Räumlichkeiten einer Bank – alles Landesimmobilien – zeigen, wie trostlos es ausschaut, wenn Geschäftslokale über Jahre leer stehen und nicht einmal einer Zwischennutzung zugeführt werden. Flaniermeilen jedenfalls sehen anders aus.
Altstadtverband muss sich um Leerstand kümmern
Mit Roland Aigner hat der Altstadtverband Salzburg eine neue Geschäftsführung gefunden. Die Bürgerliste erwartet nun die konkrete Umsetzung der vertraglich vereinbarten Aufgaben. Die Stadt hat bekanntlich erst im letzten Jahr eine neue Fördervereinbarung mit dem Altstadtverband abgeschlossen: Diese enthält nicht nur Maßnahmen zur Belebung des Handels und die Veranstaltungstätigkeit. Auch die Themen Leerstand und Wohnen in der Innenstadt sind in der Fördervereinbarung zwischen Stadt und Altstadtverband festgehalten.
„Der Leerstand bei den Geschäftslokalen ist untragbar für die Altstadt, vor allem im Kaiviertel. Ebenso ist der leerstehende Wohnraum in der Innenstadt nicht akzeptabel“, sagt Markus Grüner-Musil, Gemeinderat der Bürgerliste. „Der Altstadtverband ist vertraglich verpflichtet, gegen diese Missstände aktiv zu arbeiten. Ungenutzten Leerstand können wir nicht tatenlos akzeptieren.“
Der Altstadtverband hat sich auch vertraglich dazu verpflichtet, dem Wohnungsleerstand in der Altstadt entgegenzuwirken. Eine Erhöhung der Wohnbevölkerung in der Altstadt würde nicht nur Druck aus der angespannten Wohnungssituation nehmen, er würde auch das Leben und die Frequenz für Geschäftstreibende verbessern.
Förderungsvereinbarung
Förderungszweck, §1
- d) eine Bestandssicherung bestehender und Ansiedlung weiterer altstadtgerechter Betriebe und Ansiedlung von Leitbetrieben sowie Förderung des „Erlebnisses Stadt“ mit dem speziellen Flair und Ambient der Salzburger Altstadt als ein besonderes „Lebensgefühl“ für Bewohner, Besucher und Gäste im Zusammenwirken mit dem Land und der Stadt Salzburg, der Kultur, der Wirtschaft und den Interessensvertretungen;
- e) eine Neuansiedlung von Bewohnern und Stärkung der Situation der ansässigen Altstadtbewohner und damit Erhöhung der Wohnbevölkerung in der Altstadt.
„Ich habe in den letzten Jahren kein Wort vom Altstadtverband zum Thema leerstehender Wohnraum gehört. Man hat sich um diese Aufgabe einfach nicht gekümmert. Hier erwarte ich analog zum Thema Leerstand für Geschäftslokale endlich konkrete Maßnahmen“, so Grüner-Musil abschließend.