Tourismus-Leitbild braucht politische Umsetzung
Ein neuer Qualitätsbegriff ist wichtig, aber er muss nun mit Leben erfüllt werden. Die Bedürfnisse der Bevölkerung dürfen sich dem Tourismus nicht mehr unterordnen.
Erstmals hat die Stadt Salzburg ein Tourismus Leitbild in einem breiten Beteiligungsprozess erstellt. Was als Vision 2040 nun vorliegt zeigt, wie vielfältig die Bedürfnisse und Risiken sind.
„Dieses neue Leitbild hat deutlich mehr Relevanz als die beiden vorhergehenden, denn es bildet nicht nur die Interessen der Touristiker ab, sondern auch die der Bevölkerung und der Gäste”, sagt Markus Grüner-Musil, Tourismussprecher Bürgerliste im Salzburger Gemeinderat. „Nun wird sich zeigen ob Papier geduldig ist, oder ob es auch den politischen Willen und den Mut gibt, diese Vision umzusetzen.”
Der Qualitätsbegriff für den Tourismus in Salzburg hat sich verändert: Qualität bedeutet nicht Wachstum und Gewinn. Qualität bedeutet Lebensqualität für die Salzburger Bevölkerung, die man bereit ist mit unseren Gästen zu teilen.
Dazu gehört vor allem eine klare Veränderung in der Mobilität: Die Anreise der Gäste muss verstärkt mit der Bahn erfolgen, die Anreise mit dem privaten PKW muss am Stadtrand enden. Die Binnenmobilität muss verstärkt mit dem Rad und sicher zu Fuß erfolgen. Dafür gilt es Raum zu schaffen und mit autofreien Zonen Lebens- und Aufenthaltsqualität zu verbessern. Nicht nur die Bevölkerung, auch die Gäste wollen diese Rahmenbedingungen, um unsere Stadt besser und qualitativ wertvoller kennen lernen zu können.
Grundsätzlich werden ökologische Aspekte wesentlich stärker in der Tourismuswirtschaft berücksichtigt werden müssen, auch zum Schutz der historischen Altstadt und zur nachhaltigen Nutzung der vorhanden, knappen Ressourcen.
Dies betrifft auch den Schutz des Wohnraums: Die touristische Nutzung des Wohnraums muss weiter stark eingeschränkt bleiben um die knappe Ressource für die Bevölkerung nicht weiter zu verteuern.
Erfreulich ist die klare Positionierung als eine der wichtigsten europäischen Kulturstädte im neuen Leitbild. Dazu bedarf es einerseits der Weiterentwicklung der bestehenden Leitbetriebe, wie der Salzburger Festspiele. Eine Verzögerung der anstehenden Sanierung ist auch aus dieser Perspektive höchst kontraproduktiv.
Andererseits gilt es sich nicht auf einem traditionellen Kulturbegriff auszuruhen. Um neue, jüngere Gäste für Salzburg zu begeistern braucht es ausgezeichnete zeitgenössische Kunst aber auch ein starkes urbanes jugendkulturelles Element. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Mittelgroße Städte in ganz Europa werten ihre Städte mit zeitgenössischer Kunst und Kultur auf, Salzburg darf nicht die Stadt der “Silberrücken” werden. Die Verknüpfung von Tourismusleitbild und dem aktuellen Kulturleitbild ist ausdrücklich beschrieben, nur dann hat Salzburg gute Chancen, auch in 15 Jahren den Anspruch einer europäischen Kulturhauptstadt einzulösen.
Einen kritischen Blick wirft das neue Leitbild auch auf die internen Strukturen im Tourismusmanagement. Doppelgleisigkeiten müssen geklärt werden, gleichzeitig muss Zuständigkeit und Verantwortung benannt und mit Handlungskompetenz ausgestattet werden.
“Primär ist dieses Leitbild ein politischer Handlungsauftrag an die Politik. Es reicht aber nicht, der TSG nun ein paar Arbeitsaufträge zu geben. Es wird wesentlich stärkere Strukturen brauchen und eine Bündelung von Politik und Verwaltung. Daher begrüße ich auch ausdrücklich, dass die Arbeit am Leitbild nun nicht abgeschlossen ist, sondern ein kontinuierliches Controlling seitens des “Projekt m” als externem Dienstleister erfolgen wird. Die Arbeit ist mit diesem Leitbild nicht abgeschlossen, sie beginnt nun erst tatsächlich”, sagt Bürgerlisten-Gemeinderat Markus Grüner-Musil.